Wie Peter und Paul auch in Zukunft den richtigen Ton trifft
KLOSTER BEUERBERG Wie verhält sich ein jahrhundertealter Glockenturm, wenn die Hauptglocke in starke Schwingungen gerät? Und wie kommt man zu einem Ergebnis, wenn das Geläut nicht mehr in Betrieb ist, weil die schwerste Glocke wegen eines Teilabrisses vom Joch notgesichert werden musste? Gute Fragen, auf die wir die passenden Antworten gefunden haben. Das Kloster Beuerberg ist eines der eindrucksvollsten und traditionsreichsten Klöster Bayerns. Die Pfarrkirche ”St. Peter und Paul" besitzt einen 33 Meter hohen Glockenturm mit einem großen vierstimmigen Geläut. Die Glocken wiegen zusammen fast 10 Tonnen.
In der ersten Phase wurde Bluhm Partner beauftragt, die Verträglichkeit des aktuellen Geläuts auf den Turm zu untersuchen. Die vier Glocken hängen in fast 33 m Höhe an gekröpften Stahljochen. Da das Geläut nicht in Betrieb war, ermittelten wir die dynamischen Auflagerkräfte rechnerisch mit modernsten Methoden nach DIN 4178. Zur Bestimmung der relevanten Turmeigenfrequenzen wurden zunächst die Turmschwingungen infolge ambienter Anregung gemessen. Anschließend wurden detaillierte Schwingungsanalysen zur Ermittlung der Eigenfrequenzen und Dämpfungen des Turmes längs und quer zur Glockenschwingrichtung mit jeweils unterschiedlichen horizontalen Unwuchtkräften durchgeführt. Werte wie Resonanzabstände des Geläuts sowie Schwinggeschwindigkeit und Schwingweg der Turmbiegung und -torsion wurden rechnerisch ermittelt. Das Ergebnis war, dass das Geläut für den Turm zu schwer war und durch ein leichteres aus Bronze ersetzt werden musste.
In der zweiten Phase wurden umfangreiche Untersuchungen am Glockenturm durchgeführt, um realitätsnahe Eingangswerte und realisierbare Planungsziele für die Tragwerksplanung zu definieren. Zunächst wurden dynamische Berechnungen für verschiedene Klangmuster und Höhenlagen des zukünftigen Glockenstuhls durchgeführt und deren Machbarkeit bewertet sowie baudynamisch zulässige Rissbreiten berechnet. Darüber hinaus wurden umfangreiche zerstörungsfreie und minimalinvasive Bauteiluntersuchungen vor Ort sowie Baustoffprüfungen im Labor durchgeführt, wie z.B. die digitale, maßstabsgetreue Risskartierung, die flächige Darstellung der Mauerwerkshomogenität und Druckfestigkeitsversuche. Im Ergebnis konnten an repräsentativen Stellen Bohrkerne entnommen und die charakteristische Mauerwerksdruckfestigkeit experimentell ermittelt werden.
FAZIT Durch unsere Bauwerksdiagnostik und Bauwerksplanung konnten die Planungsziele wie Klangbild und Schwingrichtung des Geläutes sowie der Glockenstuhl optimal definiert werden. Ebenso wurde die Notwendigkeit der Sanierung von Mauerwerksrissen und heterogenen Mauerwerksbereichen aufgezeigt, um die strukturelle Integrität des Glockenturms dauerhaft wiederherstellen zu können.